Titel: "Ottilie, Ottilie!", Lied aus der Operette "Die Schöne vom Strand"                

Komponist: Victor Hollaender

Texter: Oskar Blumenthal, Gustav Kadelburg

Verlag: Ed. Bote & G. Bock, Berlin

Erscheinungsjahr: 1915

Druckerei: Keine Angabe

Graphiker: Atelier Neubauer Ledermann 1915

Sammlungsnummer: 1392

 

Der Text erzählt, wie man zur alten Jungfer wird:

 

Ich hatte einst in jungen Jahren ein kleines Mädchen furchtbar lieb,

sie war noch jung, noch unerfahren, und doch ein richt'ger Herzensdieb.

Wir haben gern gebummelt, uns frisch und froh getummelt,

uns oft im Tanz gewiegt, wir waren kreuzvergnügt.

Nur eins war bös: auf Schritt und Tritt kam ihre alte Tante mit,

und wenn die Kleine sich erhitzt, zum Kusse schon den Mund gespitzt,

wenn sie gewagt ein erstes Du, dann brüllte ihr die Tante zu:

 

Refrain:

Ottilie, Ottilie, denk' stets an die Familie, denk' stets an die Familie, Ottilie, Ottilie!

Denn wenn dein Ruf kriegt einen Knax, dann kränkt das tief den Onkel Max,

und auch der Tante Kläre beschädigt das die Ehre.

Drum ist ein Mann für dich entflammt, sofort mit ihm aufs Standesamt!

Ottilie, Ottilie, denk' stets an die Familie, denk' stets an die Familie, Ottilie!

 

Doch endlich kam im Lauf der Stunden der heißersehnte Tag herbei,

die liebe Tante war verschwunden, Gottlob, nun war Ottilie frei.

Ich wurde warm und wärmer als ein verliebter Schwärmer

und lud sie zum Souper in's Chambre séparée.

Doch als ich mir die Freiheit nahm und näher, immer näher kam,

da rief sie plötzlich nicht so nah! Ist auch die Tante nicht mehr da.

Mir gellt es immer noch im Ohr, als rief ein ganzer Geisterchor:

 

Refrain

 

So wurd' ich kalt und immer kälter; und manches liebe Jahr verrann,

sie wurde alt und immer älter, und hat noch immer keinen Mann.

Jüngst hab' ich sie getroffen, und ich bekenne offen

als ich sie vor mir sah, o Gott wie war mir da!

Und als sie mir die Hand gedrückt und mich begrüßt hat, hochbeglückt:

Mein Waldi, nein wie freut's mich doch, ich liebe sie ja immer noch.

Ich weiß, es war nicht hübsch von mir, doch diesmal sagte ich zu ihr:

 

Abgeänderter Refrain:

Ottilie, Ottilie, bedenke die Familie, bedenke die Familie, Ottilie, Ottilie!

Denn wenn dein Ruf kriegt einen Knax, dann kränkt das tief den Onkel Max,

und auch der Tante Kläre beschädigt das die Ehre.

Sie sind umsonst für mich entflammt, ich war ja längst im Standesamt!

Ottilie, Ottilie, bedenke die Familie, bedenke die Familie, Ottilie!