Marie verliert ihren Georg

In dem Koffer habe ich übrigens auch ein schickes Kleid von Marie im Stil der Zeit gefunden. Hier sehen Sie (das Kleid wird gezeigt). Aber jetzt wieder zum nächsten Brief, der im November 1926 abgestempelt wurde.

 

Meine herzgeliebte Bärbel,

 

ich bin verzweifelt. Vor zwei Tagen wurde Georg bei einem Verkehrsunfall tödlich verletzt. Bei einem Überholmanöver auf der Fahrt nach Frankfurt (Oder) kam er von der Straße ab und landete an einem Baum. Ich habe mir die Unfallstelle am nächsten Tag angesehen. Es war schrecklich. Aus dem Haufen Blech war kein Entkommen möglich gewesen. Die Polizei sagte mir, dass er sofort tot war. Auch seine Frau war an der Unfallstelle. Wir haben aber keinen Zugang zueinander gefunden.

 

Er wird nächste Woche Mittwoch auf dem Waldfriedhof in Stahnsdorf begraben werden. Ich werde sein Grab in den Tagen danach besuchen und in aller Stille von ihm Abschied nehmen. Die Zeit mit ihm werde ich nicht vergessen. Er war ganz einfach lieb zu mir und hat mir immer geholfen, meinen Weg zu finden.

 

Ich werde mich neu sortieren müssen, da mir nun seine Unterstützung fehlt. Von der Tätigkeit als Mannequin kann ich nicht leben. Drücke mir die Daumen, daß mir ein Stern vom Himmel fällt. Ich will tapfer sein.

 

Bis bald. Deine Marie

 

Zu diesem schrecklichen Vorfall ein Lied zu finden war nicht einfach. Ich habe mich für den Song "Ich hab's gewußt"  entschieden, der sich mit dem Auseinandergehen einer Liebe auseinandersetzt, wobei der Schmerz genau so groß ist wie bei einem Todesfall. Komponist ist Rudolph Nelson und der Texter ist schon wieder Beda; an ihm kommt man nicht vorbei. Frau ... bitte tragen Sie vor.

 

Nach diesem unter die Haut gehenden Lied möchte ich zu einer Pause überleiten. Gönnen Sie sich und den Künstlern eine Erholung.

 

Nachrichtlich der Text des Liedes:

 

Der Flieder blühte, die Vögel sangen am grünen Waldesrand;

wir gingen Hand in Hand wie durch ein Märchenland.

Ich küßt' die Augen, die heißen Wangen, den roten Knospenmund

doch wie ein Schatten stieg auf ein Bangen in meines Herzens Grund.

 

Refrain:

Ich hab's gewußt und gefühlt, einmal schlägt die Stund uns beiden,

du wirst von mir scheiden und ich werde leiden!

Ich hab's gewußt und geahnt und doch, ach, ich kann's nicht glauben,

mir die Hoffnung zu rauben, daß du mich noch liebst!

Ich hab's gewußt und gefühlt und doch, ach, ich kann's nicht fassen,

daß du mich verlassen! Doch ich kann nicht hassen.

Ich irre still und allein durch menschenleere Gassen

und fühl' nur eines: Es ist vorbei!

 

So mußt' es werden, so mußt es kommen! Ich liebte viel zu sehr,

nun ist mein Leben leer; die Sonne scheint nicht mehr.

Und meine Seele, sie frägt beklommen: Warum entschwand solch Glück?

Du hast's gegeben, du hast's genommen! Es kehrt nicht mehr zurück.

 

Refrain