Marie wird wieder Tänzerin

Wie wir immer aus den Briefen gehört haben, hat Marie mit dem Tanzen nach dem Ende des Engagements bei der Haller-Revue nie aufgehört. Sie hofft immer noch, wieder die Beine schwingen zu können. Mal sehen was ihr Brief vom Dezember 1928 aussagt.

 

Meine liebe Bärbel,

 

es geschehen noch Wunder. Vor zwei Wochen erreichte mich ein Anruf von Andreas aus Wien. Er hatte für mich einen Vorstellungstermin bei der Tanztruppe des Apollo-Theaters in Wien arrangiert. Mit Zustimmung von meinem Chef bei der Bank machte ich mich nach Wien auf. Und Du glaubst es kaum; sie haben mich genommen ab 1.1.1929 in der Revue ... in der Tanzgruppe mitzuwirken.

 

Mit meiner Bank konnte ich mich entsprechend einigen, so daß ich zur Zeit keinen ruhigen Tag habe. Der Umzug muß organisiert werden. Gott sei Dank habe ich nur einen sehr kleinen Haushalt mit den allernötigsten Sachen. Alles ist wieder unheimlich aufregend; mein Pulsschlag ist oft hoch. Vor allem freue ich mich darüber, dann endlich mit meinem Andreas jeden Tag zusammen zu sein. Das ist doch was anderes als sich immer nur ab und zu zu sehen. 

 

Drücke mir bitte alle Daumen, daß das alles gut geht. Sobald ich in Wien Fuß gefaßt habe, melde ich mich bei Dir.

 

Alles Gute, Deine Marie

 

Da Marie nun wieder tanzt habe ich passend zu diesem Brief das Lied "Susi, du kleines Mäuschen" aus der Operette "Fräulein Puck" aus dem Jahr 1919 ausgesucht, das Revue-Miljöh beschreibt. Komponist ist Walter Kollo. Frau... tragen Sie bitte vor.

 

Nachrichtlich der Text des Liedes:

 

Bin ich zwar auch nicht adlig, ist doch mein Ruf untadlig.

Hab ich kein blaues Blut, rotes ist grad' so gut.

Ich habe nicht sieben Zacken, dafür zwei rote Backen,

Jugend und die Figur alles echt nur Natur.

Ich bin ein Kind der Bühne, tret ich mit froher Miene

Abend's vor's Publikum, jubelt man rings herum.

Alles will mich begrüßen, alles liegt mir zu Füßen,

huldigt mit Herz und Sinn mir als Königin.

Man folgt mir auf der Straße voller Begeisterun,

wo ich mich sehen lasse, singet gleich Alt und Jung:

 

Susi, du kleines Mäuschen, Susi, du Herzensdieb.

Du bringst mich ganz aus dem Häuschen, Susi ich hab dich lieb!

Susi, du holde Kleine, ich bin von dir entzückt,

komm' doch und sei die Meine, Susi, ach Susi, du machst mich verrückt.

 

Wenn ich in dieser Rolle über die Bühne tolle,

jauchzend voll Übermut, Kobold und Tunichtgut,

schraubt selbst der ärgste Mucker lüstern den Opergucker,

alles kriegt einen Ruck: Ah, sieh' da! "Fräulein Puck!"

Gern möcht die kleine Susi, mancher wohl zum Gespusi.

Tausend von Billettdoux laden zum Rendezvous.

Aber mit solchen Sachen ist bei mir nichts zu machen.

Einen gibt's auf der Welt, nur der mir gefällt.

Ihm will ich nichts verwehren, mit ihm nur glücklich sein,

von ihm nur will ich hören, von ihm nur ganz allein:

 

Susi, du kleines Mäuschen, Susi, du Herzensdieb.

Du bringst mich ganz aus dem Häuschen, Susi ich hab dich lieb!

Susi, du holde Kleine, ich bin von dir entzückt,

komm' doch und sei die Meine, Susi, ach Susi, du machst mich verrückt.